„Geben Sie die Daten frei!“ –
Der Soldan Moot für die anwaltliche Berufspraxis, 8.-10. Oktober 2015
Zwischen zwei und sechs Semestern studieren wir, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Soldan Moot 2015, Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Das Studium vermittelt abstrakte Kenntnisse aus verschiedenen Rechtsgebieten wie dem Zivilrecht, Strafrecht oder dem Arbeitsrecht. Nicht gelehrt wird hingegen das anwaltliche Berufsrecht.
Der jährliche Soldan Moot, der 2015 zum dritten Mal von der Universität Hannover ausgetragen wurde, bietet somit eine gute Gelegenheit, sich während des Studiums mit diesem Gebiet zu beschäftigen: Wie verhält sich ein Rechtsanwalt richtig? Worauf muss er bei der Übernahme eines Mandats achten? Welche Konsequenzen hat ein Verstoß gegen anwaltliche Pflichten? Diese Fragen sind wichtig, denn die meisten Juristen schlagen eine Laufbahn als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt ein; die Zahl der Zulassungen hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Daher wollten wir mehr über das anwaltliche Berufsrecht wissen; wir – das sind die Team-Mitglieder der HU: Kim Vanessa Beyer, Laura Farina Diederichs, Paulina Frank, Andreas Kne
cht, Melina Felicitas Mähler, Thien Thi Nguyen und Melanie Pradel.
Der Wettbewerb gliederte sich in drei Phasen: Zunächst hatten wir vier Wochen Zeit für die Erstellung der Klageschrift. Schwerpunkt des diesjährigen Falls war die Frage, ob der beklagte Anwalt in einem vorherigen Prozess widerstreitende Interessen vertreten und dadurch seinen Honoraranspruch verloren hatte. Außerdem beschäftigten wir uns mit dem Spannungsverhältnis zwischen anwaltlicher Verschwiegenheitspflicht und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, da der Kläger Auskunft über personenbezogene Daten verlangte.
Auf einmal befanden wir uns mitten in den Untiefen des Bundesdatenschutzgesetzes: Anwendbarkeit, Subsidiarität, Regeln, Ausnahmen, Gegenausnahmen. Klingt kompliziert?
Das war es auch!
Nur einige Tage nachdem wir die über 30 Seiten starke Klageschrift eingereicht hatten, machten wir uns daran, die in mühsamer Kleinstarbeit aufgebaute Argumentation im Sinne des Klägers nunmehr ins Gegenteil zu verkehren, denn wir vertraten jetzt die Interessen des Beklagten. Keine einfache Aufgabe, denn für jedes Argument, von dem wir nur wenige Tage zuvor fest überzeugt waren, mussten wir nun eine überzeugende Gegenposition entwickeln.
Nach Abgabe der Klageerwiderung begann die Vorbereitung auf die letzte Phase des Wettbewerbs: Die mündlichen Verhandlungen. Hier stand uns – neben unseren Coaches – vor allem John Faulk zur Seite, ein leidenschaftlicher Präsentationstrainer, der bereits seit vielen Jahren Berufsträger und Studierende coacht. Wichtig für unsere Vorbereitung waren auch die hilfreichen Probe-Pleadings, insbesondere mit Meike von Levetzow und Dr. Henner Schläfke.
War die erste Verhandlungsrunde noch von anfänglicher Nervosität geprägt, steigerten wir uns von Verhandlung zu Verhandlung und erhielten viel positives Feedback und Lob für unsere Durchsetzungskraft und überzeugende Argumentation. Bei der anschließenden Ehrung erhielt unser Team eine Auszeichnung der Bundesrechtsanwaltskammer für die drittbeste Klageschrift, worüber wir uns sehr gefreut haben!
Die Teilnahme am Soldan Moot war eine wertvolle und gewinnbringende Erfahrung. Zum einen haben wir unsere schriftlichen und mündlichen Fähigkeiten stark verbessern können. Zum anderen hatten wir viel Spaß und haben in Hannover viele neue Freundschaften geschlossen.
Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen ganz herzlich bedanken, die uns diese Erfahrung möglich gemacht haben: Professor Dr. Reinhard Singer, Karl-Michael Schmidt und Robert Nachama vom Institut für Anwaltsrecht. Unsere Coaches: Michele Adler, Annabelle Bohn, Svenja Gaida und Robert Piwowarski. Und unsere Sponsoren: Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Giesen Heidbrink und Noerr LLP. Ein besonderer Dank geht an Professor Dr. Volker Römermann und seine Gattin, Rechtsanwältin Lyudmyla Römermann, die uns zu einem Empfang in die eigenen Kanzleiräume eingeladen haben, bei dem die Zeit mit spannenden und nicht-alltäglichen Praxisberichten wie im Flug verging.
Wir freuen uns bereits, unsere Erfahrungen im nächsten Jahr weiterzugeben und können allen Studierenden eines jeden Semesters nur empfehlen, sich für eine Teilnahme am Soldan Moot 2016 zu bewerben!