„Das bestreiten wir mit Nichtwissen“ –
Erfahrungsbericht vom Soldan Moot 2016
von Jennifer Hoh
Nunmehr das vierte Jahr in Folge veranstaltete die Universität Hannover den Soldan Moot Court zum anwaltlichen Berufsrecht. Im Rahmen einer gerichtlichen Verhandlungssimulation wurde durch uns Studierenden ein fiktiver Fall verhandelt. Dieses Jahr der Verkauf eines „fahrbereiten“ Oldtimers „mit Macken“. Zusätzlich musste sich mit der hochaktuellen Problematik rund um das Thema Syndikus-Rechtsanwälte auseinandergesetzt werden.
Zum ersten Mal nahmen dabei gut die Hälfte aller juristischen Fakultäten des Landes teil und entsandten insgesamt 32 Teams nach Hannover. Unter diesen 32 Teams befand sich auch unser Team der Humboldt Universität zu Berlin – bestehend aus Daniella Keihdj, Kai Ackermann, Klara Kampfmann und Jennifer Hoh.
Für uns begann der Wettbewerb am 25. Juni 2016 mit der Ausgabe der (fiktiven) Fallakte. Anders als in den Jahren zuvor sollte in diesem Jahr keine Klage im eigentlichen Sinne erstellt werden, sondern eine Replik auf die Klageerwiderung. Wobei sowohl die eigentliche Klage als auch die Klageerwiderung eher knapp gehalten waren, so dass wir in der Replik auf alle aufgeworfenen Fragen eingehen konnten.
Der Vorteil des diesjährigen Falles war, dass es sich im Wesentlichen um eine kaufrechtliche Problematik handelte. Der Nachteil war, dass die Rechtsprechung des BGH uns auf Klägerseite eher wenig gesonnen war. So war umso mehr Kreativität und juristisches Fingerspitzengefühl gefragt, um die Interessen des Mandanten bestmöglich zu vertreten. Und auch der diesmal eher klein gehaltene anwaltsrechtliche Teil hatte es in sich. So wurde das Recht des Syndikus-Rechtsanwalts erst in diesem Jahr reformiert – entsprechend wenig aktuelle Rechtsprechung und Literatur konnte gefunden werden. Aber auch diesen Teil meisterten wir gut, so dass wir äußerst pünktlich, ganze zwei Minuten vor Fristablauf, unseren Schriftsatz einreichen konnten.
Schon einige Tage später erreichte uns die Replik eines der anderen teilnehmenden Teams, auf die wir nunmehr erwidern sollten. Dies stellte sich als gar nicht so leicht heraus. Hatten wir vor wenigen Tagen noch in gewissenhafter Kleinstarbeit die Argumente für die Klägerschriftsätze erstellt – so mussten wir nun genau diese Argumente selbst widerlegen. Wieder musste mit juristischer Raffinesse recherchiert und argumentiert werden.
Und dann ging es auch schon an die Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung. Das erste Probepleading verlief noch sehr holprig – doch schon beim zweiten Probepleading konnte unser Team gegen das Team der Freien Universität eine gute Performance erbringen. Einen kleinen Schock bekamen wir, als uns knapp eine Woche vor den mündlichen Verhandlungen vier gänzlich neue Schriftsätze der gegnerischen Teams zugeleitet wurden. Doch auch diese arbeiten wir erfolgreich auf und passten unsere Argumentation an entsprechender Stelle nochmals an bzw. führten dazu vertieft aus.
Und dann kam auch schon das lang erwartete Wochenende in Hannover. Die letzten Besprechungen fanden noch in der Zugfahrt statt, bevor es dann am nächsten Morgen zum ersten Pleading kam. Schnell in die Robe geschlüpft und los ging es. War die erste Verhandlungsrunde (gegen die späteren Gewinner des Wettbewerbs) noch nicht optimal, konnten wir in den folgenden Verhandlungen durchweg mit souveränen Auftreten und unseren argumentativen Fähigkeiten überzeugen. Insbesondere gelobt wurde unser faires Verhalten gegenüber dem gegnerischen Teams und den Vorsitzenden Richtern sowie das gute Zusammenspiel im Team. Wirklichen Tadel gab es lediglich als uns die Richterin nach der ersten Verhandlung darauf aufmerksam machte, dass ein Anwalt doch nicht in der Richterrobe auftreten sollte.
Gekrönt wurden diese zwei Interessanten Tage durch die Auszeichnung mit dem Preis der Bundesrechtsanwaltskammer für den drittbesten Klägerschriftsatz und dem Preis des Deutschen Anwaltvereins für den drittbesten Beklagtenschriftsatz.
Die Teilnahme war für uns eine wertvolle und gewinnbringende Erfahrung. Nicht nur, dass wir das erste Mal ein (fiktives) Mandat bis hin zur mündlichen Verhandlung bearbeiten konnten und uns dadurch viele Fähigkeiten aneignen mussten, die so im universitären Bereich kaum bis gar nicht gelehrt werden – auch die Tatsache so viele verschiedene Studierende und Praktiker aus den unterschiedlichsten Teilen Deutschlands kennen lernen zu können, war eine Bereicherung.
Ein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Reinhard Singer sowie den Betreuern unseres Teams – Stephan Klawitter, Friedrich Preetz, Benjamin Beck und Moritz Wargalla.
Ebenfalls danken möchten wir der Kanzlei BMH Bräutigam & Partner mbB und Frau Isabel Frank, welche uns im Rahmen der Probepleadings nicht nur als Richter zur Verfügung standen, sondern darüber hinaus auch wertvolle Tipps auf den Weg gaben.
Wir können jedem nur empfehlen, sich für den Soldan Moot zu bewerben!