Nahezu konfrontativ – vergleichbar mit einem Blind-Date – war die erste Begegnung mit den jeweiligen Teammitgliedern, als wir uns das erste Mal, natürlich unter Einhaltung coronabedingter Auflagen, im Biergarten trafen, denn viele von uns kannten sich vorher untereinander nicht. Dennoch sollten wir durch die gemeinsam geführten spannenden und motivierenden Gespräche, die auch über den Moot hinausgingen, bereits früh feststellen, dass eine Synergie zwischen uns besteht. So machten wir uns also in den nächsten Wochen an die Arbeit, um an die Erfolge der HU beim letzten Soldan Moot anzuknüpfen.
Unsere Arbeit begann dabei zunächst mit dem Verfassen beider Schriftsätze. Zuvor hatte jedes Teammitglied einen Problemschwerpunkt aus der Fallakte übernommen und konnte sich im Rahmen dessen weitestgehend frei entfalten, solange nur der Gesamteindruck stimmte. Um Letzteres zu gewährleisten, fanden in regelmäßigen Abständen Videokonferenzen statt, in denen wir gemeinsam das Inhaltliche, aber auch das Formelle besprachen. Ergänzend dazu konnte durch die Arbeit über eine digitale Datenbank der Text insgesamt von allen inspiziert und gegebenenfalls korrigiert werden. Auf diese Weise kam das Teamwork trotz der Distanz ganz und gar nicht zu kurz.
Ein sehr wichtiges Element der Vorbereitung auf den anstehenden Moot Court war dabei das Rhetoriktraining mit John Faulk. Die sehr offene und herzliche Art von John sowie eine positive Atmosphäre innerhalb der Gruppe waren dafür entscheidend, dass Kritik nie als persönlicher Angriff gewertet werden konnte, sondern stets als konstruktives Feedback. Es konnten auf diese Weise nicht nur rhetorische Techniken trainiert werden, sondern im Einzelfall auch Hindernisse der Kommunikation ausgemerzt werden. Somit kann die gemeinsame Zeit mit John auch als eine Art Schule fürs Leben betrachtet werden.
Eine außerordentliche Herausforderung im Zeichen der Corona-Pandemie war hingegen die Besonderheit, dass die mündlichen Verhandlungen des Soldan Moot Court in der Vorrunde digital stattfinden sollten. Ein erster Vorgeschmack auf die damit einhergehenden Schwierigkeiten war der von der Bucerius Law School organisierte Soldan Pre Moot, in der wir auf praktische Weise die Wichtigkeit einer stabilen Internetverbindung, des Bildes – insbesondere hinsichtlich der Kameraeinstellung und des Hintergrundes – sowie eines funktionierenden Mikrofons beigebracht bekamen. Diese Umstände wurden im nachfolgenden Training mit John, etwa durch die Ausrichtung des Monitors und subtileren Gesten, besonders berücksichtigt.
In der weiteren Vorbereitung übten wir, in Videokonferenzen zu pleaden. Eine große Unterstützung waren dabei unsere Coaches, die uns nicht nur immer wieder mit guten Tipps, sondern auch als Richter*innen und Vermittler*innen von Probepleadings zur Seite standen. So konnten dank ihres Engagements neben internen Probepleadings mit den anderen Teammitgliedern sowie anderen HU-Teams auch externe Pleadings, insbesondere mit den Teams der FU sowie im Rahmen des von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Redeker Sellner Dahs organisierten Probepleading stattfinden. Mit jedem Probepleading konnte dabei eine Verbesserung der Performance des einzelnen Mooties sowie des pleadenden Teams insgesamt erreicht werden.
Nach drei Monaten der Vorbereitung traten wir schließlich mit drei HU-Teams zur entscheidenden Phase des Soldan Moot Court 2020 an. Dabei gelang uns, wie schon beim Soldan Moot Court 2019, der Einzug eines unserer Teams ins Viertelfinale. Bedauerlicherweise unterlagen wir dort jedoch, trotz einer sehr starken Performance, in dem „Berliner Kräftemessen“ gegen das FU-Team I, das noch bis ins Finale kommen sollte. Abseits der Nachricht über den Einzug ins Viertelfinale freuten wir uns außerdem darüber, dass es einem unserer Teams gelungen ist, den zweiten Platz für den besten Klägerschriftsatz zu gewinnen sowie dass es einer unserer Mooties auf den zweiten Platz in der Kategorie „Best Speaker“ geschafft hat.
Mit dem Einzug ins Viertelfinale und dem Erreichen eines guten zweiten Platzes für den besten Klägerschriftsatz sowie des zweiten Platzes in der Kategorie „Best Speaker“ haben wir dabei eines der besten Ergebnisse für die HU beim Soldan eingefahren und knüpfen damit an dem Erfolg des vergangenen Jahres an. Nicht unerwähnt bleiben sollte an dieser Stelle auch die preisdotierte Auszeichnung an einen unserer Mooties als „Best Speaker“ im Rahmen des Soldan Pre Moot der Bucerius Law School.
Was am Ende festzuhalten bleibt, ist, dass der Moot Court für jeden eine tolle Erfahrung war, bei der auch jeder sehr viel gelernt hat. Die besonderen Umstände der Corona-Pandemie machten diesen Moot Court im Vergleich zu vergangenen Jahren dabei sehr einzigartig und schulten in gewisser Weise auch die optimale Nutzung digitaler Mittel zum Zwecke der Kommunikation. Es war aber gerade das Pleaden sowie der Zusammenhalt und die Arbeit in der Gruppe, das allen so große Freude bereitete und die man als solche, in der Form während des Studiums wohl einzigartige Erfahrung keinesfalls missen möchte.